Auf der Tafel neben dem Einritt ins Soerser Hauptstadion verewigt werden – für Springreiter Gregory Wathelet wurde dieser Traum heute Wirklichkeit als er
mit dem Sieg im Rolex Grand Prix des CHIO Aachen 2017 ein neues Kapitel in der Geschichte des Rolex Grand Slam aufschlug.
Zwei Umläufe, ein Stechen, ein Ziel: Der Rolex Grand Prix von Aachen. Vier Reiter hatten es ins Stechen geschafft. Für Parcoursdesigner Frank Rothenberger war der Moment zum Feiern schon gekommen,
noch ehe das wichtigste Springen des Wochenendes entschieden war. „Ich war froh, dass ein Stechen zustande kam, nicht wie im letzten Jahr“, so der erfahrene Aufbauer. Im vergangenen Jahr war Philipp
Weishaupt nämlich als einziger Reiter zweimal ohne Abwurf durch die Umläufe gekommen und siegte so ohne die dritte Runde gegen die Uhr bestreiten zu müssen. Das war dieses Jahr anders. Drei bis vier
Reiter wollte Rothenberger im Stechen haben. Der Plan ging auf, es wurden vier: Marc Houtzager (NED) mit Sterrehof‘s Calimero, Luciana Diniz (POR) auf Fit For Fun, Gregory Wathelet (BEL) im Sattel
von Coree und Laura Kraut (USA) auf Zeremonie.
Marc Houtzager und der erst zehnjährige KWPN-Wallach Calimero v. Quidam de Revel eröffneten das Stechen. Es sah ein bisschen aus wie eine Springpferdeprüfung, was die beiden da ablieferten. Die
Taktik war es offenbar, fehlerfrei zu bleiben. Das gelang. In Bilderbuchmanier, aber definitiv zu schlagenden 53,66 Sekunden galoppierten die beiden über den Parcours.
Luciana Diniz und ihre zierliche Hannoveraner Stute Fit For Fun v. For Pleasure betraten die Soers in aller Seelenruhe im Schritt am hingegebenen Zügel. Stechen? Heute nicht. Zumindest sah das für
Außenstehende so aus. In Wahrheit hat das System: „Das ist der Moment, in dem wir zu Ruhe und zu unserer Kraft finden“, erklärte Diniz später. In der Mitte des Stadions angekommen, nahm die für
Portugal startende Brasilianerin die Zügel auf. Fit For Fun spitzte die Ohren, war sofort auf Sendung. Und segelte förmlich über die Hindernisse. Man hat den Eindruck, der kleinen Stute müssten
Flügel wachsen, um die Hindernisse zu überwinden. In einer engen Wendung auf den Mercedes-Benz Oxer rutschte sie einmal weg, ein kollektives „Oh!“ aus 40.000 Mündern. Aber Fit For Fun rettete sich
über den massiven Sprung ohne in die Nähe der Stangen zu kommen und nahm sofort wieder Fahrt auf. Fehlerfrei, 47,40 Sekunden. Eine super Zeit!
Gregory Wathelet wusste: Alles oder nichts! Wie er sagte: „Hier in Aachen reicht es nicht, 100 Prozent zu geben, hier müssen es 500 Prozent sein!“ Und 500 Prozent gab nicht nur er, sondern auch seine
Stute. Heute wollten beide gewinnen. Seit 2014 sind Wathelet und die elfjährige Westfälin Coree v. Cornet Obolensky ein Team. Schon „zwei- oder dreimal“ waren sie fehlerfrei in Großen Preisen. Aber
zum ganz großen Wurf hatte es bis jetzt noch nicht gereicht. Dass Coree jedoch alle Möglichkeiten hat, das weiß Wathelet: „Wenn sie so ist wie heute, kann sie alles springen. Das Gefühl war super.
Ich hatte eine gute Anlehnung und gute Kontrolle. Sie wurde heute von Runde zu Runde besser, gewann an Selbstvertrauen.“ Und so galoppierten sie an zum entscheidenden Stechen. Wathelet ging volles
Risiko, nahm die Wendungen so eng, wie der Boden es nur zuließ und Coree gab alles. Als die beiden über das letzte Hindernis segelten, den Rolex Oxer, stoppte die Uhr bei 46,60 Sekunden. Führung!
Jubel! Aber noch war die Entscheidung nicht gefallen.
Eine Reiterin war da noch, die Wathelet den Sieg hätte streitig machen können: Laura Kraut auf der Holsteiner Cero-Tochter Zeremonie. Die beiden gaben sich die größte Mühe, aber um Wathelet
einzuholen, reichte die Zeit einfach nicht. Und dann fiel am letzten Hindernis auch noch eine Stange. Platz vier. Und der Sieg für Gregory Wathelet. Endlich! 2015 feierte er bei den
Europameisterschaften in der Soers mit der Silbermedaille seinen größten Einzelerfolg. Und nun ist er der nächste Anwärter auf den Rolex Grand Slam. Wobei, davon wollte der sympathische Belgier erst
einmal nichts wissen: „Jetzt genieße ich erst einmal diesen Erfolg! Und heute Abend unternehme ich etwas zusammen mit meinem Team. Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen, damit, dass ich nun
dort auf dieser Tafel stehen werde. Nur, da wird nur mein Name stehen. Aber dahinter steht ein ganzes Team und natürlich mein fantastisches Pferd.“
Zwar reitet Gregory Wathelet Coree erst seit 2014. Aber er kennt sie schon wesentlich länger: „Ich habe die Stute schon beobachtet, seit sie sechs-, siebenjährig ist. Damals gehörte sie dem Haras de
Hus, für das ich andere Pferde geritten habe. Der Plan war, sie achtjährig zu übernehmen.“ So wurde es gemacht. Allerdings war immer klar, dass die Stute eines Tages verkauft werden sollte. Wathelet
erkannte, was für ein Juwel er da unter dem Sattel hatte. Und in Judith Gölkel fand er eine Mäzenin, die ihm die Stute kaufte. Eine Weitsicht, die sich für beide Seiten bezahlt gemacht hat.
Auch wenn er jetzt erst einmal diesen Sieg genießt, geht für Gregory Wathelet die Rolex Reise nun weiter. Nächste Station Spruce Meadows. Am 10. September geht es dort um den nächsten Rolex Major.
Der Tag ist gleichzeitig Wathelets 37. Geburtstag. Ein Sieg im zweiten Major in Folge wäre doch ein tolles Geschenk! Und so ging sein Blick schon ein bisschen voraus: „Es ist großartig, was Rolex für
den Sport tut. Im Rolex Grand Slam sind vier prestigeträchtige Turniere vereint, eine großartige Herausforderung. Heute Abend feiern wir erst einmal den Sieg in Aachen und dann machen wir uns an die
Planungen für den Rolex Grand Slam of Show Jumping.“ |
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